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GRAN GUANCHE GRAVEL 2024 – The Ferry Game auf den Kanaren

Das GRAN GUANCHE AUDAX, Edition GRAVEL ist eines der drei Unsupported Bikepacking Events, welches die Teilnehmer über 5 Kanarische Inseln führt. Von Lanzarote geht die festgelegte Route über Furteventura, Gran Canaria und Teneriffa bis auf die letzte Insel El Hierro für die Gravel-Edition. Die Mountainbike-Edition findet ihren Abschluss auf La Palma, bei der Rennrad-Edition ist es La Gomera. Auch von der Anzahl der zurückzulegenden Kilometer und Höhenmeter unterscheiden sich die drei Ausgaben: Die Road-Variante ausschließlich auf Asphalt ist mit 600 km und 14.000 hm noch die „Light-Version“. Die Gravel-Edition ist mit 700 km und 16.000 hm schon deutlich anspruchsvoller. Ganz zu schweigen von der Mountainbike-Variante mit 800 km und 20.000 hm. Die Guanchen sind die Ureinwohner, die als erste vom nahen afrikanischen Festland auf die Kanarischen Inseln kamen und sind Namensgeber für dieses einzigartige Rennen.

„Die Kanarischen Inseln sind viel mehr als nur Sonne und Meer. Diese Route soll das Interesse an der sich ständig verändernden Landschaft und dem reichen Erbe des Archipels wecken…“ ist auf der sehr anspruchsvoll gestalteten Website https://granguanche.com des Veranstalters Matteo Minelli zu lesen. „Von Sandstränden bis zu schneebedeckten Gipfeln, durch leere Wüsten, verwunschene Regenwälder, mondähnliche Vulkanlandschaften, üppige tropische Canyons, Sanddünen, schwarze Lavafelder und uralte Kiefernwälder. Dieser Archipel scheint jeden Winkel der Erde zu beherbergen.“ Das wollte ich mit eigenen Augen und all meinen Sinnen erfahren! Seitdem ich von GRAN GUANCHE erfahren hatte, ließ es mich nicht mehr los. Doch es brauchte einiges, bis ich mich stark genug fühlte, um dieses Abenteuer bestehen zu können. Der Respekt vor diesem Event war sehr groß, doch meine Abenteuerlust siegte und ich meldete mich schließlich an.

Meine Vorbereitung war eine Mischung aus langen Radeinheiten, kürzeren intensiveren Intervall-Einheiten, Krafttraining, Lauf- und Schwimmtraining sowie ein bisschen Stabi-Training. Im Winter plante ich die ein oder andere Fahrt in der Dunkelheit ein, um allein in der Nacht etwas sicherer zu werden. Außerdem versuchte ich, eine gelassenere Einstellung zur aktuellen Tages- bzw. Nachtzeit zu bekommen. Denn je näher das Event rückte, desto mehr wirbelten meine Gedanken im Kopf, was alles schief gehen könnte und bereiteten mir die ein oder andere schlaflose Nacht.
Die Veranstaltung folgt den klassischen Regeln und Grundsätzen der unbegleiteten Ultra-Radrennen, aber im Sinne des Audax (lateinisch für tapfer) dürfen die Teilnehmer hier in einer Gruppe fahren und sich gegenseitig ziehen. Beim Gran Guanche Audax wird das Zeitlimit von den Fähren gesetzt, die zu den nächsten Inseln fahren. Daher hat das Rennen nun schon den lustigen Beinamen „The Ferry Game“ erhalten. Dass es für einen Großteil der Teilnehmer auch im doppelten Sinne ein „Ferry Game“ werden sollte, erfuhr ich während der zweiten Überfahrt von Fuerteventura nach Gran Canaria. Aber mehr dazu später.

Start des Rennes – Lanzarote bei Nacht!
Nach ein paar Tagen Eingewöhnung auf Lanzarote bei eher sehr durchwachsenem Wetter mit vielen Niederschlägen, startete der Audax am Samstag, dem 30.03.2024 um 22 Uhr Ortszeit. Dass in dieser Nacht die Uhren eine Stunde vor auf Sommerzeit gestellt wurden, verkürzte direkt unsere erste Ruhezeit. Doch die Aufregung nach der ersten Nacht war noch zu groß, um viel Müdigkeit zu verspüren. Ich hatte die Route im Vorfeld bei Tageslicht abgefahren und wusste, was mich erwartete. Mit 117 km und 2.120 hm war Lanzarote ein netter Auftakt. Zum Glück spielte das Wetter mit und wir blieben von Regengüssen verschont. Nach ca. 24 Kilometern passierten wir den höchsten Punkt der Insel, wo es windig und sehr nebelig war. Von dort rollten wir durch Teguise wieder hinab auf Meereshöhe und ich passierte gegen 0:30 Uhr Famara, wo Uli und ich unsere Unterkunft hatten. Noch einmal winkte Uli mir zu, bevor auch er am nächsten Tag die Insel verließ, allerdings per Flugzeug. Auf El Hierro sollten wir uns in ein paar Tagen wiedersehen. 111 Athleten waren gemeinsam in Orzola gestartet und zogen sich wie eine Lichterkette durch die dunkle Nacht. Immer sah ich irgendwo ein rotes Rücklicht leuchten, nie fühlte ich mich einsam. Man kam ins Gespräch mit anderen Teilnehmern, aus Italien oder aus Californien. Die erste längere Hike-your-Bike Passage wartete bei Km 96 auf uns. Bei Tageslicht und ohne Gepäck war ich noch einen Großteil des steinigen Anstieges gefahren. Doch in der Dunkelheit mit all den Bikepacking-Taschen am Rad war dies nicht möglich oder auch unklug, es überhaupt erst zu versuchen. „Save your legs for another day…“ summte ich nach der Melodie von „The Weekend“ in meinem Kopf vor mich hin. Ca. 1,5 Stunden vor der 8-Uhr-Fähre nach Fuerteventura erreichte ich den Hafen von Playa Blanca. Umziehen, Flaschen auffüllen, frühstücken. Dann war auch schon Zeit zum Boarding. Die kürzeste aller bevorstehenden Überfahrten dauerte 35 Minuten und eine neue Insel bei Tageslicht erwartete uns!

Guten Morgen Fuerteventura!
Die heutige Etappe von Corralejo quer über die Insel bis zum Hafen von Morro Jable hatte 150 km und 2.050 hm. Auch noch kein Grund zur Panik, doch wenn man die sich aufaddierende Müdigkeit der Nacht und die bereits gefahrenen Stunden mit dazuzählt, könnte es später zäh werden. Zumal war mein Plan, eine der früheren Fähren um 17 oder 18 Uhr zu erwischen. Als Back-Up fuhr noch eine Fähre um 20 Uhr. Doch ich wollte auf Gran Canaria noch ein Stück weiter bis in den nächsten größeren Ort Ingenio fahren (ca. 49 km und 700 hm). Dort hatte ich für die Nacht eine Unterkunft gebucht. Ich war bisher erst einmal auf Fuerte, für ein Triathlon-Trainingslager mit dem Roadbike. Ich bin allerdings nie wieder zurückgekehrt, sondern habe immer Lanzarote vorgezogen, da mir die Insel einfach viel besser gefällt. Heute sollte Fuerteventura eine zweite Chance von mir bekommen. Zuerst ging es relativ flach über Gravel an der einsamen Steilküste im Nordwesten entlang. Das Fahrerfeld zog sich schnell auseinander und nicht alle Athleten waren bereits auf der zweiten Insel, manche nahmen eine spätere Fähre. Über „Dotwatcher“ via eines GPS-Senders, den jeder Teilnehmer mit sich tragen musste, konnte man den Live-Standort zu jeder Zeit verfolgen. Nach etwas über 60 Kilometern tauchte plötzlich ein kleiner Supermarkt an der Strecke auf, an dem ich noch drei andere Fahrer traf. Etwas Müdigkeit machte sich bereits in mir breit und ich versuchte mich in der kurzen Pause möglichst gut zu verpflegen. Der höchste Punkt der Route mit ca. 580 m war nach Km 68 erreicht, doch bis zur Fähre war es noch lang und wellig. Auch der teilweise starke Gegenwind zerrte, besonders an meinen Nerven. Und keine Insel ohne eine Hike-your-Bike-Passage ist scheinbar das Motto dieses Events… ein längeres Stück Wanderweg, auf dem ich immer wieder absteigen und tragen oder schieben musste, ließ mich laut fluchen. Meine anvisierte Fähre schien plötzlich nicht mehr so sicher. Das war doch alles etwas anstrengender als zuvor gedacht. Ein Großteil zum Ende der Route führte über Asphalt. Doch der immer stärker werdende Gegenwind und die fiesen kleinen Gegenanstiege nach jedem kurzen Bergabstück raubten mir meine letzten Kräfte. Mein Po tat weh, ich wusste nicht mehr, wie ich sitzen sollte. Eine halbe Stunde vor Ablegen der 18-Uhr-Fähre erreichte ich den Hafen. Ich konnte drei andere Teilnehmer ausmachen, die aber wie aufgescheucht zwischen den Autos hin und her liefen. „Die nehmen keine Räder mehr mit an Board, ausgebucht!“, rief mir ein Athlet zu. Oh nein… war etwa all‘ die Anstrengung umsonst? Schnell buchte ich online mein Personenticket und versuchte nun auch einen LKW oder ein WoMo zu finden, welches mein Rad auflädt und so die Überfahrt doch noch möglich wird. Schließlich fanden wir einen amerikanischen Pick-Up, bei dem wir drei Räder übereinander stapeln durften. Gott sei Dank!
Etwas gestresst und ohne noch mal einen Einkauf tätigen zu können, bestieg ich die Fähre. Überfahrt: 2 Stunden bis nach Las Palmas, Gran Canaria. Auf der Fähre war die Klimaanlage auf Hochtouren und es war sehr kalt. Später erfuhr ich auch wieso: bei starkem Wellengang, der definitiv heute herrschte, wird das Schiff gut heruntergekühlt, um für so wenig Übelkeit wie möglich bei den Passagieren zu sorgen. Ich war erstaunt, wie viele Passagiere von den Kotztüten Gebrauch machen musste. Auch einige Athleten hatten enorme Probleme. Eine Fahrerin teilte über Instagram mit, sie haben 5 Tüten vollmachen müssen und an eine Weiterfahrt sei erstmal nicht zu denken. Ich hatte zum Glück keine Probleme, sondern kaufte mir erstmal etwas zu essen und genoss das starke Schaukeln der großen, überfüllten Fähre. Da bekommt der Titel „The Ferry Game“ doch noch eine ganz andere Bedeutung! Bei Dunkelheit erreichten wir die dritte Insel unseres Abenteuers.

Welcome to Gran Canaria!
Man konnte sich auf der Fähre mit anderen Teilnehmern über weitere Pläne der Weiterfahrt bzw. Nachtruhe austauschen. Ich war froh, dass ich für den Großteil meiner Fahrt bis zur Unterkunft in Ingenio Begleitung von Jan hatte. Der erste Teil der Route führte über viel holpriges, ausgewaschenes Terrain immer nur bergan und das Vorankommen gestaltete sich schwieriger als geplant. 2:40 Std. Fahrtzeit in der Dunkelheit trennten mich von einer heißen Dusche und dem wohlverdienten Bett. Hoch lebe die Erfindung der Schlüsselbox! So war es egal, dass ich erst gegen 0:00 Uhr die Unterkunft erreichte. Da ich ein zweites Schlafzimmer hatte, nutzte ein anderer Teilnehmer mein Angebot eines frischen Bettes und erreichte ca. 1 Stunde später selbiges, während ich schon schlief. Erst am Morgen sah ich, dass Benno mein Angebot angenommen hatte. Um 7:30 Uhr wollte ich wieder losfahren. Bis zum Hafen nach Agaete waren es noch 100 km und stolze 3000 hm. Doch ich entschied mich, erstmal ordentlich zu frühstücken, da ich gestern ja schon auf ein Abendessen verzichtet hatte. So kam es, dass ich erst gegen 8 Uhr losfuhr. Die Route ging sofort stetig bergan. Als ich aus dem Ort Ingenio heraus war, dachte ich: „Ach, das fühlt sich heute aber leicht und gut an.“ Dann stellte ich fest, dass ich meinen Trinkrucksack mit der 2-Liter-Trinkblase und weiteren Utensilien im Frühstückslokal vergessen hatte. Oh nein!!!! Ich musste den ganzen Weg wieder hinunterfahren. Nun war mein Zeitplan völlig in den Wicken, aber meiner Stimmung tat es nur kurzzeitig einen Abbruch. Gran Canaria spielt schon in einer anderen Liga, was Berge und Steigungen angeht. Der höchste Punkt der Route lag heute bei 1.900 m in der Nähe des Pico de las Nieves. Hinzu kam, dass es nicht ganz klar war, wo man Verpflegung würde aufnehmen können. Um so glücklicher war ich, als in einem kleinen Bergdorf plötzlich zwei Stände auftauchten, die u.a. sehr leckere Ziegenkäse-Boccadillos verkauften. Ich genoss die Pause neben Hühnern und einem Maultier in der Sonne. Etliche Serpentinen auf losem Geröll warteten noch auf mich. Die Aussichten, sofern man mal einen Blick riskieren konnte, waren traumhaft. Bald war auch wieder das Meer zu sehen. Nun begann wieder „The Ferry Game“ und das Rechnen mit der Uhrzeit. Sollte die 16-Uhr-Fähre doch noch realistisch sein? Bald war auch die Asphaltstraße an der Küste erreicht. Doch ein paar kleinere Anstiege warteten noch auf uns. Schockmoment in einem Gegenanstieg: meine Schaltung funktioniert plötzlich nicht! Zum Glück war nur der Akku meiner Sram-Schaltung leer. Schnell austauschen und ab auf die 16 Uhr-Fähre nach Teneriffa! Das „Ferry-Game“ heute wieder für mich entschieden!

Die größte kanarische Insel Teneriffa
Es war noch hell, als wir im Hafen von Santa Cruiz auf Teneriffa eintrafen. Die Überfahrt dauerte 1:20 h und ich konnte in Ruhe etwas essen und trinken. Meine gebuchte Unterkunft lag ca. 2 Kilometer abseits der Route kurz vor San Cristobal de la Laguna. Bis dorthin waren es noch 44 km und ca. 1.200 hm. Über einen Radweg war man relativ schnell aus dem besiedelten Gebiet heraus und man fand sich in einem langen Anstieg auf Asphalt wieder. Ich freute mich, als ich realisierte, dass durch die Zeitumstellung nun eine Stunde mehr Tageslicht zur Verfügung stand. So schaffte ich es fast mit der Dämmerung bis zur Unterkunft, hätte ich nicht vorher noch einen Großeinkauf im Supermarkt gemacht. Voll bepackt mit Abendessen und Verpflegung für den nächsten Tag erreichte ich im Dunkeln schließlich mein Apartment. Die warme Dusche tat wieder gut, ebenso mein Abendessen, welches aus einem Fertig-Salat und kalter Pasta bestand. Man wird bescheiden. Morgen also begann sozusagen schon das große Finale: Ich musste unbedingt die einzige Fähre (17:30 Uhr) des Tages nach El Hierro bekommen. Ansonsten wäre ich einen ganzen weiteren Tag in der Touristenhochburg Los Cristianos gefangen. Ich plante reichlich Pufferzeit ein und startete noch in der Dunkelheit um kurz nach 5 Uhr. Es dauerte, bis das erste Tageslicht am Horizont erschien. Auch andere Teilnehmer machten sich genau so früh auf den Weg, um El Hierro noch heute zu erreichen und ich traf einige entlang der Route. 131 km und 2.700 hm trennten mich von der Fähre. Nach ca. 2:30 h Fahrtzeit eröffnete sich mir ein gigantischer Blick: Der Teide, der höchste Berg Spaniens, in der Morgendämmerung! Ein einzigartiger Moment, den ich für mich ganz allein hatte. Mit 2.280 m erreichten wir heute den höchsten Punkt der gesamten Route. Kurz darauf folgte eine sehr lange wunderschöne Gravelpassage, überwiegend bergab. Es lief richtig gut, bis zu dem Moment, wo es steil senkrecht nach unten auf einen Hiking-Trail ging. Ich versicherte mich erstmal, ob dies wirklich unsere Route sein sollte. Doch auch die Reifenspuren im Sand verrieten mir, dass dies wohl wirklich unser Weg sein musste. Eine von lauten Flüchen begleitete Wanderstrecke begann. Zuerst hinab in eine Schlucht, dann nach Passieren des Bachlaufes wieder auf der anderen Seite hinauf. Keine Insel ohne Hike-your-Bike, ich vergaß! Doch der Rest der Route war wieder entspannter und ich erreichte das hektische, laute Los Cristianos so zeitig, dass ich in Ruhe mein erstes richtiges Mahl zu mir nehmen konnte. Es blieb sogar noch Zeit, zum ersten Mal meine Isomatte auszupacken, um mich am Hafen etwas hinzulegen. Nun war das Finale auf der fünften und letzten Insel zum Greifen nah! Ich war sehr glücklich und dankbar, dass bis jetzt alles so gut gelaufen ist!

Hola, unbekanntes El Hierro!
Auch die kleinste der besiedelten kanarischen Inseln mit gerade einmal etwas über 11.000 Einwohnern erreichten wir bei Tageslicht. Doch die Dämmerung ließ nicht lange auf sich warten. Die lange Fährfahrt von 2:30 h genoss ich und vergoss dabei sogar ein paar Tränen vor Glück! Die gigantischen Wassermassen, die das Schiff bei der Fahrt verdrängt, die immer kleiner werdende Insel Teneriffa am Horizont und die güldene Abendsonne, die sich im Meer spiegelte, erfüllten mich mit tiefer Dankbarkeit für diese intensiven Erlebnisse. Ich hatte einen Großteil meines Ziels schon erreicht, was nun noch folgen sollte sah ich als Bonus an. Klar, das „Rennen“ war noch nicht zu Ende, aber mit dem Erreichen dieser einen Fähre fiel eine große, mir selbst auferlegte Last von mir ab. Ich war so glücklich über das bereits Erlebte und bald würde ich auch wieder Uli in meine Arme schließen können. Er war ja bereits am Tag nach dem Start unseres Rennens nach El Hierro gereist. Bisher lief alles nach meinem Plan, ich fühlte mich stark und einigermaßen ausgeruht, weshalb nichts dagegen sprach, auch weiter bei meinem Plan zu bleiben. Und dieser sah vor, die letzte Etappe auf El Hierro mit 122 km und 3.700 hm, in der Nacht zu fahren und voraussichtlich in den frühen Morgenstunden, noch in der Dunkelheit, das Ziel zu erreichen. Die Nacht versprach sternenklar zu werden – nicht selbstverständlich, speziell für die Höhenlagen El Hierros. Der höchste Punkt der Insel heißt nicht umsonst „Malpaso“ (1.501 m), was so viel bedeutet wie „schlechter Pass“. Meine Akkus für diverse Lampen waren geladen, meine Vorräte für die gesamte Strecke aufgefüllt und ich genoss den Sonnenuntergang während des ersten langen Anstiegs. Schon bald warteten einige sehr steile Passagen auf uns, und ich musste öfter absteigen und schieben. Diese Insel schien nur aus Steilklippen zu bestehen. Zum Glück sah ich nur den hell erleuchteten Bereich meiner Lampe und konnte den nächsten drohenden Anstieg nur anhand der vor mir fahrenden Athleten und deren Rücklichter erahnen. Sobald es dunkel und ich alleine war, hielt ich öfter mein Lenkerlicht zu, um den gigantischen Sternenhimmel noch besser sehen zu können. Einfach Wahnsinn!!! Der Anblick erfüllte mich wieder mit tiefer Zufriedenheit und ich war froh, mich getraut zu haben, dieses Abenteuer auf mich zukommen zu lassen. Nach circa 45 km erreichte ich wieder Meereshöhe, bevor es erneut auf circa 1.400 m gehen sollte. Die Temperaturunterschiede waren je nach Höhenlage groß und es war ein ständiges Armlinge an, Weste an, Jacke an… alles wieder ausziehen… dies wiederholte sich mehrfach. Die Abfahrten waren teilweise so steil, dass ich kurz vor Krämpfen in meinen Händen war und überlegte, ob ich bergab eine kurze Pause einlegen sollte. Zudem machte meine Vorderradbremse starke Geräusche. Mittlerweile waren die zuvor neuen Bremsbeläge wahrscheinlich schon abgefahren. Bei der fast 15 Kilometer langen Abfahrt nach Km 75 übermannte mich eine starke Müdigkeit. Meine Beine fühlten sich muskulär topfit an, doch dieses „Nichtstun“ während der Abfahrt ließ mich gähnen und meine Augen schwer werden. Ich war froh, als der nächste Anstieg kam. Für reichlich Ablenkung und ein paar Gruselmomente in der einsamen Nacht sorgte dieses bedrohliche, aber auch lustige Geräusch YOUTUBE >> und ich fragte mich, welches Tier wohl dafür verantwortlich sein mag?! Erst nach meiner Zielankunft konnte ich das Geheimnis lüften und war erstaunt: die skurrilen Rufe stammten vom Gelbschnabel-Sturmtaucher, einem Vogel, der eine Spannweite von bis zu 115 cm erreichen kann.
Nach circa 100 Kilometern und über 9 Stunden ging es von 1.100 m nur noch bergab. Die letzten 12 Kilometer waren wirklich ein Sturzflug zum Meer. Ich fühlte mich wie der Gelbschnabelsturmtaucher. Es war extrem steil und ich betete, dass meine Bremsen diese Abfahrt nun auch noch durchhielten. Nach 8:39 Std. reiner Fahrzeit (9:36 verstrichene Zeit) erreichte ich noch vor 6 Uhr in der Früh das Ziel, wo Uli sowie der Veranstalter Matteo auf mich warteten. Ich war erschöpft, aber überglücklich. Platz 1 bei den Frauen und Platz 15 im gesamten Feld von 111 Teilnehmern waren ein mehr als zufriedenstellendes Ergebnis.
Aber am meisten zählt alles Erlebte zwischen Start und Finish. THANKFUL!

Meine Aufzeichnungen auf STRAVA:

Lanzarote GGAG3 – meine Fahrt auf STRAVA

Fuerteventura GGAG3 – meine Fahrt auf STRAVA

GranGanaria GGAG3 Teil 1 – meine Fahrt auf STRAVA
GranGanaria GGAG3 Teil 2 – meine Fahrt auf STRAVA

Teneriffa GGAG3 Teil 1 – meine Fahrt auf STRAVA
Teneriffa GGAG3 Teil 2 – meine Fahrt auf STRAVA

El Hierro GGAG3 – meine Fahrt auf STRAVA